Was passiert denn nun genau in einer Therapie?

Eine Therapie verfolgt das Ziel, die Betroffenen dabei zu unterstützen, den problematischen Game-, Streaming- oder Social-Media-Gebrauch beenden zu können und ihre Lebensqualität zu verbessern. Gleichzeitig können Hintergründe für die Entstehung der Problematik erkennbar gemacht und eventuell auch verändert werden. Für eine Therapie dieses Problems sind Psychotherapeut:innen und Kliniken zu empfehlen, die sich mit der Behandlung von pathologischem Gaming/ pathologischer Social-Media- oder Streaming-Nutzung auskennen. Bei der Anmeldung zu einer Therapie sollte deshalb gefragt werden, wie viele Erfahrungen mit der Behandlung von pathologischem Medienkonsum vorliegen und ob es in der Einrichtung ein spezielles Behandlungskonzept gibt.

Es gibt vier therapeutische Ansätze, die wissenschaftlich belegt sind und von den Krankenkassen bezahlt werden:

  • Kognitive Verhaltenstherapie
  • Tiefenpsychologische Psychotherapie
  • Psychoanalyse
  • Systemische Therapie (bisher nur für Erwachsene zugelassen)

Die tiefenpsychologische Therapie und die Psychoanalyse sind Therapieansätze, bei denen die Aufarbeitung der Vergangenheit im Fokus steht. In einer kognitiven Verhaltenstherapie steht hingegen die Entwicklung konkreter Problemlösungsstrategien für das Hier und Jetzt im Vordergrund. Die kognitive Verhaltenstherapie ist aktuell der am besten untersuchte Therapieansatz für die Behandlung einer Mediensucht (Quelle).

Welche Bausteine kann eine Therapie haben?

Eine Verhaltenstherapie für Mediensucht setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Hier sind ein paar davon erklärt:

Kennenlernen

Am Anfang einer Therapie geht es erstmal darum, dass dein:e Therapeut:in dich gut kennenlernt. Deshalb wirst Du wahrscheinlich viele Fragen gestellt bekommen. Lasse dich davon nicht abschrecken, sondern versuche Vertrauen zu ihm oder ihr aufzubauen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Therapie.

Verstehen

In der Therapie lernst Du alles darüber, wie eine Mediensucht funktioniert und welche Auslöser oder Mechanismen es gibt, die dafür sorgen, dass sie nicht mehr von alleine weggeht. Der Suchtstrudel kommt hier z.B. auch vor. Oder es geht um das Suchtgedächtnis, Entzugserscheinungen und Craving. Außerdem beschäftigst Du dich gemeinsam mit der/dem Therapeut:in damit, warum dir dein Medienkonsum so wichtig ist. Oft ist er nämlich nicht nur zur Unterhaltung da, sondern dient auch zur Flucht aus dem Alltag.

Veränderungsmotivation

Viele sind am Anfang einer Therapie noch unentschlossen, ob es wirklich das Richtige ist. Das ist vollkommen okay! Therapeut:innen helfen dir dabei, die Vorteile und Nachteile einer Veränderung abzuwägen und dir deine eigenen Ziele für die Therapie zu setzen. Die allermeisten Betroffenen wollen den Medienkonsum nicht ganz aufgeben, sondern einen normalen Umgang mit geringeren Nutzungszeiten finden.

Gefühle

Wenn Du dich dazu entscheidest, deinen Medienkonsum zu reduzieren, kann das ein Gefühl der inneren Leere erzeugen oder mit anderen Gefühlen wie Wut, Traurigkeit und Hilflosigkeit einhergehen. In einer Therapie geht es dann darum, diese Gefühle zu erkennen und zu verstehen, woher sie kommen und welche Rolle dein Medienkonsum bisher bei dem Versuch gespielt hat, mit solchen Gefühlen umzugehen.

Selbstkontrolle

Ein großes Thema bei einer Mediensucht ist der Verlust der Kontrolle. Deswegen geht es in einer Therapie oft darum, die eigene Selbstkontrolle zurückzugewinnen. Dabei helfen dir Therapeut:innen, indem sie z.B. mit dir deine Tagesstruktur planen, die Ampel-Methode einsetzen, um schädliche von unschädlichen Inhalte zu unterscheiden und mit dir Strategien einüben, mit denen Du es schaffst, deinen Medienkonsum zu reduzieren.

Alternative Aktivitäten

In der Regel verfolgt man mit dem Medienkonsum ein bestimmtes Motiv. Zum Beispiel Spaß zu haben, etwas Aufregendes zu erleben oder mit anderen in Kontakt zu sein. Viele wollen sich damit auch von Stress, Langeweile oder Einsamkeit ablenken. In einer Therapie kannst Du Wege finden, solche Motive auch offline zu verfolgen und mit unangenehmen Gefühlen anders umzugehen. Mit alternativen Aktivitäten kannst Du deinen Alltag bereichern. Oft ist es eine wichtige Erfahrung, dass man auch ohne PC, Tablet oder das Smartphone Spaß haben kann.

Soziale Fertigkeiten

Viele Menschen, die unter einer Mediensucht leiden, haben eine Zeit lang vor allem virtuelle Freundschaften gepflegt und reale Kontakte vermieden. Wenn man länger keinen realen Kontakt zu anderen hatte, können die sozialen Fertigkeiten einrosten. Oder man war schon immer etwas schüchtern, unsicher oder unbeholfen im sozialen Miteinander, weswegen man sich dann im Suchtstrudel verloren hat. In beiden Fällen ist das Neu- oder Wiedererlernen von sozialen Fertigkeiten wichtig und kann in einer Therapie geübt werden.

Rückfallprophylaxe

Bei einer Suchterkrankung kann es passieren, dass man einen Rückfall erleidet. Deshalb lernst Du in einer Therapie, wie Du damit umgehen kannst. Therapeut:innen helfen dir dabei, deine Warnsignale rechtzeitig zu erkennen und einen Notfallplan parat zu haben. Viele erkennen im Laufe einer Therapie, dass die Vermeidung eines Rückfalls herausfordernd ist und entscheiden sich bestimmte Games oder Social Media komplett zu löschen. Die Entscheidung dafür oder dagegen kannst Du gemeinsam mit Therapeut:innen erarbeiten.

Andere psychische Erkankungen

Weil es neben einer Mediensucht oft auch noch andere psychische Probleme, wie ADHS, Depressionen oder Angststörungen gibt, werden in einer Therapie diese Beschwerden mitbehandelt.

Welche Therapieformen gibt es?

Eine Therapie kann ambulant, teilstationär oder stationär erfolgen.

Die ambulante Therapie

Eine ambulante Therapie hat den Vorteil, dass Du in deinem Wohnumfeld bleiben kannst und Veränderungen direkt im realen Umfeld erproben kannst. Eine ambulante Therapie findet in aller Regel einmal in der Woche in einem Zeitumfang von jeweils einer Stunde statt, kann also nach dem Schultag oder der Ausbildung durchgeführt werden. Eine Änderung des Verhaltens ist jedoch dadurch gleichzeitig erschwert, da eine ununterbrochene Konfrontation mit den Schwierigkeiten des Alltags, die vielleicht zum Problem gehören, gegeben ist. Dazu gehört auch ein leichterer Zugang zu Internet, Smartphone, Computer und Konsole. Selbst wenn beispielsweise der Computer zu Hause entfernt wurde, ist die Nutzung über das Smartphone oder bei Freund:innen natürlich möglich. Darüber hinaus ist man mit bekannten Problemen – wie Konflikten mit den Eltern – konfrontiert. Dazu können noch Probleme auftreten, die vielleicht bisher nicht so deutlich im Vordergrund waren, weil die Tätigkeiten im Internet bzw. am Computer/an der Konsole geholfen haben, sie zu verdrängen – wie Gefühle von Einsamkeit, Wut, Minderwertigkeit, Ängste anderen Menschen gegenüber, Zukunftsängste etc.

Wann wird eine ambulante Therapie empfohlen?

  • Du hast Menschen in deinem Umfeld, die dich bei dem Erreichen deiner Ziele unterstützen (können)
  • Du hast selbständig erste Schritte zur Problemlösung geschafft (z.B. Account-Abmeldung beim Computerspiel, das am meisten Zeit beansprucht)
  • Es ist noch nicht zu schwerwiegenden Folgen (wie beispielsweise einem dauerhaften Fehlen in der Schule oder zusätzlichen psychischen Problemen) gekommen
  • Das Problem besteht nicht schon viele Jahre

Wenn Du es also schaffst, deinen Alltag trotz deines intensiven Internet-/ Smartphone-/ Computer-/ Konsolengebrauchs noch erfolgreich zu meistern, aber Du dir professionelle Unterstützung wünschst, dann würde viel für eine ambulante Therapie sprechen.

Die teilstationäre Therapie

Eine teilstationäre Therapie ist, wie der Name bereits erkennen lässt, eine Mischung aus einer stationären und ambulanten Therapie und kann zum Beispiel eine Tagesklinik sein. In der Tagesklinik verbringst Du dann den Tag von morgens bis nachmittags und kannst dann wieder nach Hause gehen. Eine teilstationäre Therapie gibt, anders als die ambulante Therapie, mehr Tagesstruktur vor, allerdings besteht keine Distanz zum Wohnumfeld.

Wann wird eine teilstationäre Therapie empfohlen?

  • Du hast ein unterstützendes Umfeld, aber die selbstständige Bewältigung deines Alltags fällt dir schon schwer
  • Du hast schon versucht, das Problem in den Griff zu bekommen, es hat aber nicht geklappt
  • Du leidest bereits unter negativen Folgen und kannst sie nicht alleine lösen (z.B. Fehlen in der Schule über mehrere Wochen)

Die stationäre Therapie

Eine stationäre Therapie erfolgt in einer entsprechenden Fachklinik. Eine gewisse räumliche Distanz zum Wohnumfeld ist damit gegeben. Wenn es dir sehr schwerfällt, dein Problemverhalten zu unterbrechen, kann eine stationäre Therapie dabei helfen, dein Verhalten zu verändern und wieder eine Tagesstruktur aufzubauen.

Wann wird eine stationäre Therapie empfohlen?

  • Du hast wenige Menschen in deinem sozialen Umfeld, die dich unterstützen (können)
  • Mehrfache Versuche, das Problemverhalten selbstständig in den Griff zu bekommen, sind bis jetzt gescheitert
  • Mehrere schwerwiegende Folgen sind bereits eingetreten und Du kannst sie nicht alleine bewältigen (z.B. Fehlen in der Schule über mehrere Wochen)
  • Deine Stimmung ist deutlich gedrückt und/ oder Du leidest zusätzlich an anderen psychischen Erkrankungen

Informationen darüber, welche Beratungs- oder Therapieeinrichtungen es in deiner Nähe gibt, findest Du hier, sowie über: